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Ein letztes Mal im Flutlicht


Michelle verabschiedet sich mit erhobenem Blick von ihrem Publikum

Text: Dennis Ebbecke
Foto: Christian Barz

 

Die Grande Dame, die Liebe lebt und ihren Fans seit mehr als 30 Jahren Liebe schenkt, tritt von der großen Bühne ab. Nachdem Michelle im vergangenen Jahr ihr Karriereende verkündet hat, stellt sie sich mit ihrem Anfang Juli erschienenen Abschiedsalbum ein letztes Mal ins Flutlicht und verneigt sich – wie aus dem Pressetext zum Album hervorgeht – „vor allen Hörerinnen und Hörern, die sie in den vergangenen drei Jahrzehnten bedingungslos gefeiert und die sie zu der Frau gemacht haben, die sie heute ist“. Die Kämpferin mit viel Herz und Hirn, die immer volles Risiko gehe, ihren Traum lebe und sich von keiner noch so unüberwindbaren Hürde aufhalten lasse, zeigt auf ihrem Farewell-Album nach Empfinden unserer Redaktion noch einmal all ihre Facetten. Oder anders ausgedrückt: Wer es versäumt hat, Michelle in den vergangenen drei Dekaden richtig kennenzulernen, wird ihr beim Anhören dieses Longplayers ziemlich nah kommen.

Es ist immer richtig, sich zu lieben

 

Es lohnt sich, mit Michelle noch einmal zu lachen, zu weinen, zu träumen und zu tanzen. Weil sie – ungeachtet der Höhen und Tiefen, von denen ihr berufliches und privates Leben bisher geprägt war – nie jemandem etwas vorgespielt hat. Immer wenn die 52-Jährige die Bühne betritt, steht dort eine Person im Flutlicht, die schonungslos offen, authentisch und einfach echt ist. Und das ist nicht einfach nur so dahergesagt. Michelles in den vergangenen Monaten millionenfach gestreamten Singleauskopplungen haben es eindrucksvoll bestätigt. Ein ehrlicheres – und in diesem Fall auch persönlicheres – Statement als Falsch dich zu lieben kann es kaum geben. Dieses kraftvolle Debüt-Duett mit ihrem Partner und Produzenten Eric Philippi nimmt sämtlichen Zweiflern und Kritikern an der Beziehung des Musikerpaares den Wind aus den Segeln. Eine Power-Ballade, die für eine tolerantere Gesellschaft wirbt sowie Vorurteilen und Ressentiments die Rote Karte zeigt. „Wer sagt, es ist falsch, dich zu lieben? Wer sagt, wir gehör'n nicht zusamm'n? Ich halte immer, immer, immer wieder zu dir. Das kann uns doch keiner verbieten“, singen Michelle und Eric Millionen von Menschen aus der Seele.

 

Moderne Electro-Sounds verschmelzen mit klassischen Schlagerelementen

 

Dass Michelle sich bis zum letzten Akt ihrer erfolgreichen und preisgekrönten Karriere (u.a. ECHO, Goldene Stimmgabel) immer treu geblieben ist, bedeutet allerdings nicht, dass sie stehengeblieben ist. Im Gegenteil: Die charmante Baden-Württembergerin hat ihre musikalische Palette stets erweitert. Ihr Ansatz, moderne Electro-Sounds mit klassischen Schlagerelementen verschmelzen zu lassen, hat bereits viele junge Kolleginnen und Kollegen inspiriert. Der im Frühjahr veröffentlichte Song So oder so steht genau für jene musikalische Fusion. Inhaltlich macht der Track deutlich, wie sehr sich Gegensätze anziehen können. „Ich glaub' an Wunder, du nur, was du siehst. Ich geb' oft nach, du bist stur aus Prinzip“, schmettert Michelle, um in demselben Atemzug zu der Erkenntnis zu gelangen: „Das ist mehr als okay, weil dein Herz für mich schlägt.“ Michelle ist und bleibt eben eine Frau, die Liebe lebt – und die auch das Gespür und die Stimme hat, um dieses Gefühl auszudrücken.

 

Ein leises Goodbye

 

Die Bandbreite des Albums Flutlicht taucht das Schlagerfirmament in mannigfaltige Farben. Leidenschaftliche Lovesongs wie Herz in Takt, Du bist es oder Liebeskrank wechseln sich mit dem theatralisch-bissigen Track Männer oder der nachdenklichen Pop-Ballade Gespräch mit Gott ab. Ob ihre Entscheidung, die Ära im Flutlicht für beendet zu erklären, das Ergebnis eines Gesprächs mit Gott war, wird vermutlich Michelles Geheimnis bleiben. Keinen Zweifel lässt sie jedoch daran aufkommen, in welcher Stimmung sie abtritt. „Ich sag' mit erhobenem Blick: Das war's für mich“, gibt sie in dem Lied Das war's für mich zum Besten, ehe sie Zum letzten Gang antritt. Letzterer Song ist ein leises Goodbye an ihr Publikum, das dieser großartigen Künstlerin gut steht und zeigt, dass sie sich nie in den Vordergrund drängen wollte. Nur die Bühne, das Flutlicht, war und ist ihr Zuhause.


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